Das „innere Spiel“ der Unternehmensnachfolge (2)
was man von Athleten für schwierige Verhandlungen lernen kann
Ein M&A‑Prozess ist keine Kunst sondern Routine
Auch wenn viele M&A‑Berater und Invetmentbanker gerne „the art of M&A“ verkaufen – letztlich ist es ein Routineprozess dessen Ziel die schnelle und reibungslose Umsetztung eines Deals ist. In der Hoffnung, das der Unternehmer möglichst wenig dabei stört…
Ist vom Unternehmer die Entscheidung getroffen die Firma zu verkaufen fängt das klassische „äußere Spiel“ eines solchen Prozesses an zu laufen. Hier gibt es klare Spielregeln und einen Masterplan für Verkäufer und Käufer, der inzwischen sogar an der Universität gelehrt wird. Jedes Jahr werden unzählige Unternehmen ge- und verkauft und die beteiligten Akteure sind sehr gut aufeinander eingespielt.
Für den Unternehmer ist es ein Endspiel
Und doch kommt dann für den Unternehmer der Moment und die eine Verhandlung, in der entschieden wird, ob es zu einem Verkauf kommen kann. Es geht dann um den finalen Kaufpreis, die Struktur der Kaufpreiszahlung, Garantien, die abzugeben sind und weiterführende Verpflichtungen des Unternehmers nach dem Verkauf. Letztlich das „Endspiel“.
Eine solche wichtige Verhandlung ist für den Unternehmer das, was für einen Athleten ein großer Wettkampf ist. Ein Wimbledon Finale. Olympische Spiele. Der entscheidende Elfmeter bei einer WM…
Wie man sich in solchen sportlichen Situationen fühlen mag, bleibt den meisten von uns nur zu ahnen. Aber der Unternehmer ist emotional in einer vergleichbaren Situation. Gefühlt geht es um gewinnen oder verlieren, Nervosität macht sich im Vorfeld breit, man schläft unruhig, unzählige Gedanken kreisen, Wunschdenken und Horrorvorstellungen geben sich die Klinke in die Hand…
Werfen wir deshalb einen Blick darauf wie Athleten mit einer solchen Situation umgehen und vor allem wie sie sich darauf vorbereiten.
Das „inner Game“ meistern lernen
Bei Spitzensportlern ist die zentrale Erkenntnis, dass es der mentale Aspekt ist, der den Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren macht. Aus diesem Grund beschäftigen alle Top Athleten Mental Coaches. Die sie gezielt darauf vorbereiten Wettkampfsituationen mit entspannter Konzentration zu begegnen. Das „Inner Game“ zu meistern. Dieses Inner Game kann man analog auch bei Unternehmern und Top-Managern sehen.
Und genau deshalb möchten wir im Folgenden einige Erfahrungen und Erkenntnisse des „Inner Game“ aus dem Spitzensport teilen, die auch im „richtigen“ Leben für Unternehmern hilfreich sein könnten.
Das Inner Game zielt auf die Erreichung von entspannter Konzentration. Es hat grosse Ähnlichkeit mit dem Zustand den auch zum Beispiel Samurai vor dem Kampf angestrebt haben — Präsenz. Warum ist entspannte Konzentration so wichtig? Studien haben gezeigt, dass der IQ unter starker mentaler Anspannung um bis zu 20 Zähler sinkt. Gehen wir davon aus, das erfolgreiche Unternehmer überdurchschnittlich begabt sind mit einem IQ um die 120. Das bedeutet, dass sie unter Stress nur noch durchschnittlich intelligent wären. Es ist also kein Wunder, wenn man sich nach dem Tennismatch, der Golfrunde oder Segelregatta fragt, was einen bei manchen Entscheidungen geritten hat. Selbstgemachter Erfolgsdruck und damit einhergehende Versagensangst kann dazu führen, dass man kopflos agiert und sich im Clubhaus nur noch wundert.
Was im Freizeitsport vielleicht nur ärgerlich ist, kann im Geschäftsalltag zum echten Problem werden. In Verhandlungen nicht im Vollbesitz der mentalen Fähigkeiten zu sein ist keine gute Ausgangslage für wirtschaftlichen Erfolg.
Insofern lohnt ein Blick auf einfache und leicht umsetzbare Techniken wie Athleten mit Wettkampfstress umgehen und diesen sogar positiv für sich nutzen.
Schwierige Verhandlungen — wie Athleten Wettkampfsituationen mental meistern
Dafür möchten wir ganz genau den Tag des Wettkampfes bzw. der Verhandlung unter die Lupe nehmen. Die Leistung, die am Wettkampftag abrufbar ist, wird durch folgende Komponenten bestimmt – Training und mentale Verfassung. Was bedeutet das für uns?
Das Training entspricht für uns der sorgfältigen inhaltlichen Vorbereitung auf eine Verhandlung. Alle Fakten zu kennen, wer sitzt am Tisch mit welcher Agenda? In welchen Bereichen können Kompromisse erzielt werden, was ist wohl unverhandelbar? Das ist ein Bereich, der vertraut ist und wo durch Sorgfalt und Fleiß viel gewonnen werden kann. Das Gefühl gut vorbereitet zu sein gibt schon eine gewisse Ruhe und Selbstvertrauen. Nehmen Sie sich hierfür ausreichend Zeit. Suchen Sie sich einen Sparringspartner, der den möglichen Käufer simuliert. Gehen Sie mit ihm in harte Verhandlungen. Trainieren Sie. Egal wie viele erfolgreiche Verhandlungen Sie in Ihrem Leben geführt haben – diese Situation wird für Sie neu sein. Denn auf einmal geht es um Ihr Lebenswerk.
Der spannendste und am meisten unterschätzte Bereich in schwierigen Verhandlungen ist der mentale Zustand. Die Fähigkeit zur entspannten Konzentration.
Wenn man die Sportler zu Ihrer mentalen Verfassung fragt, bekommt man immer wieder die Antwort, dass sie versuchen „im Moment zu sein“. Was bedeutet das eigentlich und wie kommt man in einen solchen Zustand? Es bedeutet den Ball zu spielen, der einem gerade entgegenkommt. Oder den man schlagen will. Das Manöver zu segeln was gerade ansteht. Nicht darüber nachzudenken, wie der Spielstand ist und wie das Ganze ausgehen könnte. Das Kopfkino ausschalten. Das Problem zu lösen, das gerade auf dem Tisch liegt. Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen. Genau zuhören können und feine Nuancen erkennen. Und nicht vor lauter Anspannung und Nervosität so mit sich selbst beschäftigt zu sein, dass man kaum noch mitbekommt, was besprochen wird.
Der einfachste Weg in diesen Zustand geht über den Atem. Wer den Tennisspieler Roger Federer in schwierigen Matchsituationen genau beobachtet sieht, dass er nach jedem Punkt in die rechte Hand pustet. Aber nicht um sie zu trocknen oder zu kühlen. Sondern um ruhig und kontrolliert lang auszuatmen und den Atem zu spüren.
Warum geht der Weg zur entspannten Konzentration über die Atmung? Die Atmung gehört zum vegetativen System, das Herzschlag, Verdauung, Körpertemperatur und auch die Stressreaktionen beheimatet. Auf diese vegetativen Körperfunktionen können wir keinen direkten Einfluss nehmen. Nur der Atem lässt sich willentlich beeinflussen und steuern. Das ist das Besondere. Entschleunigen wir den Atem, beruhigt sich der Herzschlag. Dann können wir auch wieder besser denken und kreativ sein.
Unter Anspannung neigen wir dazu zu kurz zu atmen und nicht tief genug in den Bauch. Und das verrückte ist, das diese Atmung dem Körper signalisiert das etwas nicht stimmt. Und noch mehr Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird. Der Atem noch flacher wird.
Die Kontrolle des Atems ist somit der ideale Weg den Stress selbst regulieren zu können. Sind sie in der Lage tief und regelmäßig aus- und einzuatmen, werden Sie spüren, wie Entspannung einsetzt.
Der wohl beste Tennisspieler aller Zeiten Roger Federer hat für sich einen einfachen, aber sehr effektiven Weg hierfür gefunden. Zwischen den Ballwechseln in die Hand ausatmen. Bewusst ausatmen — den Atem spüren und damit im Moment sein.
Über Atem-Meditation und gezielte Atemübungen und ‑techniken für den Alltag kann man lernen, auf kurzem Wege wieder in die Gelassenheit und Kraft zu kommen. Das Gedankenkarussell zu verlangsamen und im Moment anzukommen.
Um in einer Verhandlung an diese kleinen Atemrituale zu denken und diese umzusetzen, bedarf es einer gewissen Routine. Auch ruhiges Atmen unter mentaler Belastung muss man üben. Das geht auch wenn man im Stau steht und kurz davor ist sehr unruhig zu werden. Aber vielleicht beobachten Sie sich ja selbst einmal und Ihren Atem in einer solchen Situation.
Von Athleten lernen — wozu das alles?
Unsere Erfahrung der letzten 20 Jahre hat uns gezeigt, dass viele Unternehmer in das Thema der Nachfolge oder des Unternehmensverkaufs hineinstolpern oder hineingetrieben werden. Auf einmal liegt ein Angebot eines Finanzinvestors oder eines ausländischen Konzerns auf dem Tisch. Oder die Banken machen die Kreditprolongation von einem Konzept zur Regelung der Nachfolge abhängig. Statt einen Schritt zurückzugehen und für sich selber Klarheit zu gewinnen und sich gut auf einen solchen Prozess vorzubereiten lassen sie sich von den Ereignissen treiben. Bis zu dem Punkt, an dem es ihnen über den Kopf wächst oder ein massives Unwohlsein entsteht. Dann werden solche Prozesse oft abgebrochen – und damit aber auch gute Gelegenheiten verschenkt.
Deshalb möchten wir mit Unternehmern vor einer Entscheidung – für welche Option auch immer – Klarheit und ein gutes Bauchgefühl entwickeln. Und eine professionelle Vorbereitung auf die mental anspruchsvollen Situationen bieten.
Dann kann man auch das äußere Spiel wie einen klassischen M&A‑Prozess ruhig und schnörkellos umsetzen. Einen Matchplan realisieren, der uns dann als Gewinner vom Tisch aufstehen lässt.